Zu Gast beim Hessischen Rundfunk in der Sendung Schlossplatz 1: Was ist uns Europa wert?

Unter folgenden Link ist die Sendung auf der Seite des Hessichen Rundfunks abrufbar:

https://www.hr-fernsehen.de/sendungen-a-z/video-59346.html

 

Mit Großbritannien verlässt ein Nettozahler die EU. Gleichzeitig wollen die Europäer mehr für den Grenzschutz und für die innere Sicherheit ausgeben. Die Finanzierung der EU muss neu verhandelt werden – und das betrifft auch Hessen. Denn dorthin fließen jährlich Millionen für die Landwirtschaft und die regionale Entwicklung. Während Deutschland schon zugesagt hat, mehr in die EU zu zahlen, lehnen andere Länder wie Österreich und die Niederlande das strikt ab und fordern, dass Haushalt und Aufgaben der EU beschnitten werden. Was ist uns Europa wert, darüber diskutiert Ute Wellstein mit den hessischen Europa-Abgeordneten Thomas Mann, CDU Martina Werner, SPD Martin Häusling, Bündnis 90/Die Grünen und Julia Reda, Piratenpartei

Statement: Thomas Mann zum Euroclearing – Stabilität der EU-Finanzmärkte / Frankfurt stärken

 

Zehn Jahre nach der Finanzkrise hat sich Europa nicht im gleichen Maße erholt wie die USA oder China. Ein Grund: Die Finanzierung der Realwirtschaft ist stark abhängig von der Bankenfinanzierung und wird zu wenig über die europäischen Kapitalmärkte gefördert. Mit der Schaffung einer Europäischen Kapitalmarktunion sollen Unternehmen, insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen sowie Start-Ups besseren Zugang zu mehr Finanzierungsmöglichkeiten erhalten.

Aktuell gibt es keinen kontinentaleuropäischen Finanzmarkt, welcher der ökonomischen Leistungsfähigkeit Europas entspricht. Die EU braucht nachhaltiges Wirtschaftswachstum, um die aktuelle Niedrigzinspolitik zu überwinden. Finanzstabilität ist hierfür unabdingbar.

Der Brexit ist eine weitere Herausforderung der auf uns zukommt. Der größte europäische Finanzplatz London wird die EU verlassen, was erhebliche Auswirkungen auf die Finanzmärkte der EU haben dürfte. Der Vorsitzende der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, Steven Maijoor, bringt es auf den Punkt: Der Brexit erfordert gemeinsame Anstrengungen auf dem europäischen Level, um Investoren zu schützen, Finanzmärkte funktionsfähig zu machen und Finanzstabilität zu garantieren.

Um weiterhin global wettbewerbsfähig zu sein, müssen wir den Brexit als Chance nutzen. Ein wichtiger Faktor für die Zukunftsfähigkeit des europäischen Finanzmarktes ist ein effizienter, stabiler Derivatemarkt. Er ist entscheidend für die Funktionsfähigkeit der Märkte, aber auch für den Erfolg der Kapitalmarktunion.

Zentrale Punkte sind Handel, Clearing und vor allem die Lokation von Euro-denominierten Derivaten. Diese haben eine grundlegende Bedeutung für die Mitgliedstaaten, Realwirtschaft und die Europäische Zentralbank, die ihren Stabilitätsaufgaben gerecht werden muss. Ein Großteil des Clearings und des Risikomanagements für Euro- denominierte Zinsderivate findet derzeit in London statt. Nach dem Brexit würde dies bedeuten, dass ein Clearingmonopol insbesondere für die Euro-denominierten Zinsswaps außerhalb der eigenen Jurisdiktion reguliert und beaufsichtigt wird. Dieses kann nicht im europäischen Interesse sein. Das Euroclearing ist ein integraler Bestandteil der europäischen Wirtschaft und erfordert die direkte Kontrolle, unter anderem durch die EZB – nicht zuletzt, um den europäischen Steuerzahler zu schützen.

Beim Austritt des Vereinigten Königreichs würde eine kontinentaleuropäische Kontrolle entfallen. Europäische Aufseher könnten aufsichtsrechtliche Maßnahmen nicht mehr ergreifen. Die Bereitstellung von Liquidität läge im Notfall nicht mehr in europäischer Hand. Die aus Londoner Sicht bevorzugte erweiterte Aufsichtskooperation wäre nicht weitreichend genug und entspricht nicht unseren europäischen Interessen. Für die Aufsicht und Stabilität von zentralen Gegenparteien sind die Einhaltung der hohen europäischen Standards und die Kontrolle durch eine europäische Aufsicht ebenso notwendig wie der Zugang zur Zentralbank-Liquidität sowie zu Sanierungs- und Abwicklungsmechanismen durch europäische Institutionen in Krisenzeiten. Insbesondere bei systemrelevanten zentralen Gegenparteien müssen wir die Kontrolle über die systemrelevanten Strukturen behalten. Eine Verlagerung des Euroclearings in die EU27 ist unbedingt erforderlich.

Die EU27, insbesondere Deutschland und damit Frankfurt, bietet die idealen Voraussetzungen für ein effizientes Euroclearing. So betreibt die Eurex Clearing AG eine der größten zentralen Gegenparteien und weist weltweit führende Technologie und Risikomanagement auf. Sie verfügt über die notwendige Expertise, Erfahrung und Systeme, um höhere Volumina post-Brexit abwickeln zu können.

Die Deutsche Börse AG hat mit ihrem Eurex Clearing Partnership Programm eine äußerst attraktive EU-basierte Alternative für das Clearing von Zinsswaps vorgestellt. Die europäischen Finanzmärkte werden von dieser marktbestimmten Initiative profitieren. Sie wird zu mehr Wettbewerb und Vielfalt für Kunden, verbesserter Preistransparenz sowie geringeren Konzentrationsrisiken führen.

Eine klare Location Policy dürfte die Kontrolle und die Sicherheit der Märkte sicherstellen. Die weitere Vertiefung europäischer Finanzmärkte wird die Wettbewerbsfähigkeit der EU steigern und die Attraktivität für Investoren und Emittenten erhöhen. Ein attraktives europäisches Ökosystem schafft die Voraussetzung dafür, dass mehr Altersvorsorge in Aktien stattfinden kann. Für Wachstumsunternehmen können mehr Finanzierungsmöglichkeiten jenseits von Banken geschaffen werden, und die EU hat die Kontrolle über seine Finanzmärkte.

Fazit: Deutschland kann und muss eine Vorreiterrolle einnehmen. Die notwendige Infrastruktur für ein effizientes Euroclearing haben wir mit der Eurex Clearing AG in Frankfurt. Der Finanzplatz Frankfurt ist bereits ein starkes nationales und internationales Finanzzentrum auch durch den Sitz der Europäischen Zentralbank und der Bundesbank.

Ich bin davon überzeugt, dass die Main-Metropole die optimalen Voraussetzungen dafür bietet, das Euroclearing der EU27 zu stemmen. Dafür werde ich mich weiterhin mit aller Kraft einsetzen.

Statement Thomas Mann Euroclaring

 

 

 

+++Vier Finanzminister im Panama-Papers-Untersuchungsausschuss+++

Großer Andrang bei der Befragung der Finanzminister von Irland, Italien, den Niederlanden und Deutschland. Wolfgang Schäuble ist wie gewohnt souverän und kompetent in allen Details. Er plädiert nachhaltig für mehr steuerliche Transparenz, die auch beim G-20-Treffen in Hamburg eine große Rolle gespielt hat. Wir arbeiten an diesen Themen weiter. In der gestrigen Sitzung hatten wir eine Debatte über den soeben erschienenen Berichtsentwurf über die Untersuchung von Geldwäsche, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung geführt.